15
Mai
2011

Hartz-IV-TV im richtigen Leben

Vorhin habe ich wirklich den Schock meines Lebens erlebt, das kann ich nicht anders sagen. Dabei ging der heutige Tag wirklich echt ziemlich friedlich los. Ich hab' mir wie immer gegönnt, ordentlich auszuschlafen, dann die BILD ein paar Seiten gelesen (die sollten mich mal als BILD-Girl nehmen, die Frauen da haben immer so hässliche Brüste) und natürlich die obligatorische Runde „Hartz IV-TV“ geschaut, also „Mitten im Leben“ oder „Richterin Barbara Salesch“, bei der es in der heutigen, neuen (!) Folge wirklich ordentlich zur Sache ging. Dass ich heute noch etwas erleben sollte, was ungefähr das Niveau und die Ausmaße eines Barbara-Salesch-Falls hatte, davon hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keinen blassen Schimmer.

Gegen vierzehn Uhr machte ich mich als auf den Weg, meinen Termin beim Arbeitsamt wahrzunehmen, der noch vor mir lag. Dort angekommen musste ich natürlich auch erst einmal eine ordentliche Runde warten, wie das ja so ist bei den deutschen Behörden. Aus zehn Minuten wurden fünfzehn, dann zwanzig, dreißig, eine dreiviertel Stunde, eine ganze Stunde und schließlich auch anderthalb Stunden. Als das Ganze schon beinahe begann, Deutsche-Bahn-Verhältnisse anzunehmen, schlug plötzlich jemand die Tür des Zimmers, vor dem ich wartete, auf und meine Sachbearbeiterin, die Frau Peters, stürzte blutüberströmt aus ihrem Zimmer, der Türke von drei Blocks weiter mit einem blutigen Messer ihr hinterher und brüllte: „Von dir Schlampe lass' isch mir ganz bestimmt nischt mein Hartz-Geld kürzen, disch mach' isch fertig, isch weiß, wo deine Familie wohnt.“ Die zwei Männer, die gegenüber von mir saßen überwältigten den völlig aufgebrachten Typen zum Glück recht schnell, denn er begann sich schon bereits in meine Richtung mit seinem Messer zu bewegen und ich hatte mir vor Angst fast in die Hose gemacht. Noch bevor die Polizei aufschlug, sah' ich zu, mich dort zu verziehen, man will ja keinen Ärger. Hoffentlich geht es der Frau Peters gut...

Vorbereitungsseminar als Testkäuferin

Nach meiner Bewerbung als Testkäuferin, die trotz aller Unzulänglichkeiten offenbar erfolgreich war, bekam ich schon relativ bald – für Behördenverhältnisse mit drei Wochen doch beinahe rekordverdächtig – eine Antwort auf mein Schreiben. Haltet euch fest, sie teilten mir doch tatsächlich mit, dass sie daran interessiert seien, mich für diese Tätigkeit einzustellen. Um jedoch meine Eignung auch praktisch zu überprüfen sowie mir eine grundlegende Erfahrung für den Job zu gewährleisten, würden sie mich zu einem Testkäuferseminar einladen. Wow, sie laden mir herzlich zu einem Testkäuferseminar ein, da bin ich aber schwer beeindruckt.

Bevor es also „richtig“ los ging, zerbrach ich mir irgendwie tagelang den Kopf, was bitte so schwer daran sein kann, als Testkäufer tätig zu sein, dass ein dreiwöchiges Seminar notwendig sein kann, um einem die entsprechenden Fähigkeiten zu vermitteln. Überhaupt, was würde da auf mich bei diesem Seminar nur zukommen? Das wird doch wohl hoffentlich keine reine Simulation dieser höchst anspruchsvollen Tätigkeit sein?

Doch meine schlimmsten Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Als ich mich am Montagmorgen wie in der „Einladung“ verlangt auf einem Fabrikgelände zu besagtem Seminar einfand, fand ich einen vollständig eingerichteten Supermarkt vor, mit allen erdenklichen Artikeln, die man so in einem echten Supermarkt erwerben kann. Ich konnte es nicht fassen! Wollten sie einen eigentlich für vollkommen dumm verkaufen? Nur, weil man arbeitslos ist und Hartz IV bezieht, ist man ja noch lange nicht auf einer Stufe mit geistig behinderten zu betrachten! Mir war klar, dass ich das nicht wirklich lange aushalten werde. Am dritten Tag konnte ich mich schon nicht mehr aufraffen, dieses Übungsprozedere für vollkommen geistig Gestörte mitzumachen, ich schwänzte die Maßnahme ab diesem Zeitpunkt und musste so dann mehr oder weniger bedauerlich auf den Job verzichten.
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